„Sind wir nicht Knaben glatt und fein?
Was sollen wir länger Schuster sein!“
Dann hüpften und tanzten sie und sprangen über Stühle und
Bänke. Endlich tanzten sie zur Tür hinaus. Von nun an kamen
sie nicht wieder; dem Schuster aber ging es wohl, solange er
lebte, und es glückte ihm alles, was er unternahm.
153. Strohhalm, Kohle und Bohne.
Von den Brüdern Grimm.
Kinder- und Hausmärchen. Originalausgabe. 32. Ausl., besorgt von Reinhold Steig.
Stuttgart und Berlin 1906. S. 64.
f.
In einem Dorfe wohnte eine arme, alte Frau, die hatte ein
Gericht Bohnen zusammengebracht und wollte sie kochen. Sie
machte also auf ihrem Herd ein Feuer zurecht, und damit es
desto schneller brennen sollte, zündete sie es mit einer Handvoll
Stroh an. Als sie die Bohnen in den Topf schüttete, entfiel ihr
unbemerkt eine, die auf dem Boden neben einen Strohhalm zu
liegen kam; bald danach sprang auch eine glühende Kohle vom
Herd zu den beiden herab. Da fing der Strohhalm an und sprach:
„Liebe Freunde, von wannen kommt ihr her?“ Die Kohle ant-
wortete: „Ich bin zu gutem Glück dem Feuer entsprungen, und
hätte ich das nicht mit Gewalt durchgesetzt, so war mir der Tod
gewiß, ich wäre zu Asche verbrannt.“ Die Bohne sagte: „Ich bin
auch noch mit heiler Haut davongekommen; aber hätte mich die
Alte in den Topf gebracht, ich wäre ohne Barmherzigkeit zu Brei
gekocht worden wie meine Kameraden.“ — „Wäre mir denn ein
besser Schicksal zuteil geworden?“ sprach das Stroh; „alle meine
Brüder hat die Alte in Feuer und Rauch aufgehen lassen, sechzig
hat sie auf einmal gepackt und ums Leben gebracht. Glücklicher-
weise bin ich ihr zwischen den Fingern durchgeschlüpft.“ —
„Was sollen wir aber nun anfangen?“ sprach die Kohle. „Ich
meine,“ antwortete die Bohne, „weil wir so glücklich dem Tode
entronnen sind, so wollen wir uns als gute Gesellen zusammen-
halten und, damit uns hier nicht wieder ein neues Unglück ereilt,
gemeinschaftlich auswandern und in ein fremdes Land ziehen.“
2.
Der Vorschlag gefiel den beiden andern, und sie machten sich
miteinander auf den Weg. Bald aber kamen sie an einen kleinen
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TM Hauptwörter (200): [T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T116: [Vater Kind Mutter Sohn Bruder Herr Mann Auge Frau Hand], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
2
3. Darin noch meine Wiege steht,
darin lernt’ ich mein erst Gebet,
darin fand Spiel und Lust stets Raum,
darin träumt’ ich den ersten Traum.
4. Drum tausch’ ich für das schönste Schloß,
wär’s felsenfest und riesengroß,
mein liebes Hüttlein doch nicht aus;
denn ’s gibt ja nur ein Vaterhaus!
3* Di$ Bilu* Von Hermann Magner.
Entdeckungsreisen in Haus und Hof. 12., verb. Ausl. Leipzig 1908. 8. 181.
3edes Haus hat seine Geschichte, so gut wie jede Stadt und jedes Dorf.
Der Indianer baut seine Hütte aus Baumzweigen in kurzer Zeit auf,
der Neuholläuder stellt einige Rindenstücke zusammen und ist dann fertig.
Der Eskimo schneidet ans der Reise im Winter eine Anzahl Schneestücke
zurecht, legt sie übereinander und fertigt selbst in jenem unwirtlichen
Himmelsstriche binnen ein paar Stunden ein Haus, das ihm wenigstens
auf einige Zeit als Zufluchtsort dient.
Beim Bau unserer Wohnhäuser geht’s nicht so schnell her. Nicht
jeder ist so glücklich, sich ein eigen Hüttchen erwerben zu können. Schon
der Grund und Boden kostet ansehnliche Summen, besonders in der Nähe
oder gar im Innern größerer Städte. Die Baumaterialien und das Auf-
führen des Hauses, schließlich noch seine innere Ausstattung erfordern noch
mehr. Ehe eine Hacke oder Schaufel angelegt wird, hat der Bauverständige
den Plan zum Hause entworfen. Das Haus ist bereits vollständig in den
Gedanken des Baumeisters und ans dem Papier vorhanden, bevor es in
der Wirklichkeit ausgeführt wird.
Der Grund, ans dem das Haus ruhen soll, erfordert besondere Sorg-
falt. Sind feste Gesteinsschichten vorhanden, so macht nur das Ausarbeiten
der Felsen Schwierigkeiten, die Mauern können dagegen sofort darauf ge-
gründet werden. Findet man zu oberst nur lockeren Grund, so muß man
tiefer graben und möglichst große und harte Steine sorgsam einlegen, um
festen Halt zu gewinnen. Diesen Teil nennt man das Fundament des
Hauses. Am schwierigsten gestaltet sich das Unternehmen ans sumpfigem,
moorigem Boden. Wenn man überhaupt einen Brunnen beim Hause an-
legen will, so sorgt man für denselben zuerst, damit beim Bauen das
nötige Wasser gleich bei der Hand ist.
Die Handlanger schaffen Sand und Kalk herbei und mengen den
Mörtel, die Steinmetzen behauen die Steine, die Maurer fügen sie nach
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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TM Hauptwörter (200): [T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld]]
8
„Leier, leier, rund herum!
Kleine Leute sind noch dumm!
Lerne was, so wirst du klug!
Kaffee ist nun braun genug!"
Dann rüttelt sie die Bohnen hin und her und schüttet sie auf einen
Teller. Sie sind ganz braun geworden, schwitzen über und über und
knistern vor Hitze; aber sie duften jetzt auch lieblich durchs ganze Hans.
In der Kaffeemühle mahlt das Kind die Bohnen zu seinem Pulver. Dies
kommt in kochendes Wasser. Der Kaffee ist fertig und wird eingeschenkt.
Alle Leutchen bekommen am Morgen eine Tasse voll; sie werden von dem
Tranke hübsch munter und können dann frisch an die Arbeit gehen.
Wer etwas nützen will in der Welt, muß ja früh anfangen und
sich's heiß werden lassen. Er braucht dabei immer noch nicht so braun
zu werden wie Kaffeebohnen.
10. Von Lederen» Zangen und Mühlsteinen.
Von Robert Theuermeister.
Unser Körperhaus. Leipzig 1909. S. 12. Gekürzt.
Viele große und noch viel mehr kleine Leute wissen gar nicht,
daß sie Scheren, Zangen und Mühlsteine im Munde haben.
Ihr werdet die Scheren kennen und sagt gleich, das sind die
Schneidezähne, die alles, was wir essen, abschneiden müssen. Und
die Zangen sind auch leicht zu erraten. Das sind die Eckzähne.
Die wollen alles, was die Scheren nicht gleich durchschneiden
können, abreißen oder festhalten. Festhalten wollen sie’s, bis es
abgeschnitten oder abgerissen ist. Und die Mühlsteine, das weiß
jeder, sind die Backenzähne. Die mahlen dann das Abgeschnittene
oder das Abgerissene fein.
Wenn einer schlechte Scheren, Zangen oder Mühlsteine hat,
so ist das schlimm. Wenn der Müller das Mehl schlecht mahlt,
dann müssen wir schlechtes Brot essen. Wenn die Mühlsteine im
Munde, die Backenzähne, schlecht mahlen, dann muß der Magen
viel mehr arbeiten, als er soll. Ihr wißt doch, die Zähne arbeiten
bloß für den Magen. Wenn ein Mensch zu viel arbeiten muß,
dann wird er krank. Der Magen kann es auch nicht vertragen,
wenn er zu viel arbeiten muß, er wird dann auch krank. Für uns
ist’s aber notwendig, daß der Magen gesund bleibt. Denn wenn
er krank ist, so ist der ganze Mensch nicht viel wert. Es ist also
sehr wichtig, daß die Zähne gesund sind!
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182
ließ. Ein 16 km langer Deich von Zäckerick bis Neutornow teilt das
ganze Gebiet in einen großen Trockenpolder und einen kleinen Wiesen-
polder, der ungefähr 800 ha umfaßt. Der Trockenpolder enthält fast
nur Ackerland und wird immer trocken gehalten. Der Wiefenpolder ent-
hält nur Wiesen, welche den ganzen Winter'hindurch mittelst einer Einlaß-
schleuse bei Zäckerick unter Wasser gesetzt werden. Dieses Rieselwasser,
welches viel Schlickmassen mit sich führt, befruchtet einerseits die Wiesen,
soll aber auch anderseits einen Gegendruck gegen das drückende Hochwasser
der Oder ausüben. Sobald der Frühling in das Land zieht, wird dieses
Wasser bei Neutornow in die alte Oder gepumpt, und ein saftiger Wiesen-
plan dehnt sich dort aus, wo noch vor wenigen Tagen der leichte Nachen
des friedlichen Fischers sich schaukelte.
So ist das Oderbruch abermals dem nassen Elemente abgerungen
worden. Hoffnungsvoll wieder kann der Oderbrücher seinen Samen auf
das Land streuen, um dann zur Zeit der Ernte eine hundertfältige Frucht
zu schneiden. Und froher als zuvor steigt seine Freundin, die Lerche,
jubilierend in den blauen Äther empor.
129. Oer Tabakbau in cier Oàermark.
Von 6. Jancker u. Milk. ^>e1rick.
Lesebuch für Brandenburg. Ii. Breslau 1906. 8. 186.
^Mittelpunkt des Uckermärker Tabakbaues sowohl wie des Tabakhandels
Jjt ist Schwedt a. O., eine Stadt von etwa 10000 Einwohnern.
Hier hatte Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst, 1686 einigen evan-
gelischen Hugenotten, die um ihres Glaubens willen ans ihrem Vater-
lande Frankreich geflohen waren, ein Unterkommen gewährt. Sie machten
den Tabak in der Gegend bekannt. Von ihnen lernten die Bauern die
Tabakpflanze anbauen und behandeln. Das ist nicht leicht, denn es gibt
wohl kein einziges Erzeugnis, das sowohl auf dem Felde wie bei der
Fabrikation als endlich auch im Handel so behutsam und so zart behandelt
sein will wie gerade der Tabak.
Großer Pflege bedarf zunächst das zum Tabakanbau bestimmte Feld.
Es wird im Herbst gedüngt, möglichst tief gepflügt und im Frühjahr
darauf wiederholt umgeackert. Einer alten Sitte gemäß wird der Tabak-
samen genau am 1. April eingeweicht, d. h. in laues Wasser geschüttet,
worin er einen Tag verbleibt. Nachdem er gequollen ist, tut man ihn in
kleine, etwa faustgroße Leinwandsäckchen und steckt diese Bündel in Sand,
wodurch das Keimen befördert wird. Nach einem Zeitraum von 4—6
Tagen erfolgt das Aussäen des gekeimten Samens auf sorgfältig herge-
richteten Beeten, die sich in geschützter Lage, meistens in den Gärten der
TM Hauptwörter (50): [T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T0: [Blatt Baum Pflanze Blüte Frucht Wurzel Blume Erde Zweig Stengel], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde]]
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Extrahierte Personennamen: Jancker Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Neutornow Brandenburg Breslau Schwedt Frankreich
auf ein Pfund gingen, nadeln sollten, da sagte mein guter Meister wohl
manchmal: „Hausfrau, das ewige Lämplein in der Kirche ist mir lieber
als dein Licht da." Dann antwortete die Hausfrau: „Meine Gießform
ist nicht größer"; denn sie goß die Kerzen selber. Beim Kaufmann
jedoch brannten vier Kerzen, von denen acht oder sogar nur sechs auf
ein Pfund gingen. Die gaben freilich einen helleren Schein, wenn
sie ordentlich geschneuzt wurden; trotzdem besorgten wir alle feineren
Arbeiten beim lieben Tagesschein und verschoben die gröberen Sachen
auf das Kerzenlicht.
Einmal nun im Advent arbeiteten wir beim Kaufmann. Dieser
kehrte spät abends von Graz heim. Als er uns um das matte Kerzen-
licht kauern und lugen sah, klopfte er den Schnee von den Schuhen,
blinzelte uns an und sagte: „Na, Schneider, heut hab' ich was heim-
gebracht für euch!" Und als die neuen Waren ausgepackt wurden, da
kam eine stattliche Öllampe zum Vorschein und ein langes Rohr aus
Glas dazu und ein grüner Papierschirm und ein Zwilchstreifen und ein
kleines Fäßlein.
„Was du alles für Sachen hast!" sagte der Meister. „Das alles
miteinander," berichtete der Kaufmann, „gehört zu dem neuen Licht, das
aus Amerika gekommen ist, das Petroleum. — Es brennt so hell wie
der Tag; wirst es schon sehen." Er füllte die Lampe aus dem Fäßlein
und zog den Zwilchstreifen durch das glänzende Ding mit der eichel-
förmigen, geschlitzten Kapsel. Dann setzte er die Bestandteile zusammen,
zündete das hervorstehende Ende des Dochtstreifens an, stülpte das
bauchige Glas auf, daß wir meinten, so eng ums Fenster müsse es zer-
springen — und nun sollten wir einmal sehen!
Und wir sahen es. Es war ein trübes Licht, das mit seinem
schwarzen Rauch sogleich das Glasrohr schwärzte. Der Mann drehte
an dem feinen Schräublein den Docht weiter auf, da rauchte es noch
mehr; er drehte ihn tiefer nieder, da wurde es finster, und als wir zu
lachen begannen, knurrte er: „Na, mir scheint, dieser Lampenhändler hat
mich sauber angeschmiert! Aber ich hab's ja gesehen in der Stadt, wie
das Zeug wunderschön brennt!"
„Versuchen wir's einmal," sagte mein Meister, „und tun das Glas-
röhrlein weg!" Aber sogleich riß er seine Finger mit einem hellen Auf-
schrei davon. Als nun das Glas mit einem Lappen entfernt war,
brannte die Flamme noch trüber, und das Kerzenlicht daneben zuckte
nicht ohne Schadenfreude hin und her.
Nachdem wir mit der neuen Lampe noch allerlei versucht hatten
und die Stube endlich voll Rauch geworden war, schalt der Hausherr
auf diese höllische Flamme und blies sie aus. Die Kerze brannte mit
stiller Würde fort, und der Meister sagte: „Ja, ja, die Ganzgescheiten
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TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend]]
TM Hauptwörter (200): [T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T168: [Holz Tisch Messer Stück Honig Stuhl Griffel Hand Narbe Papier], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
164
suchung werden konnte. Aber bald überzeugte er sich, mit was für einer
aufrichtigen und redlichen Seele er es zu tun habe. Er fragte unter
andern Dingen nach dem wenigen, was nach den damaligen Anforderungen
der Kirche ein Christ wissen sollte. Der Knabe sagte seinen Glauben,
sein Vaterunser nebst einigen andern kürzeren Gebeten gut her und be-
antwortete munter etliche Fragen aus den Evangelien. — Nun sprach
der Abt: „Mein Söhnlein, du darfst alle Tage, wenn unsere Kühe zur
Tränke getrieben werden, kommen und holen, was sie unter dem Barren
liegen lassen. Und wenn der Bruder Küchenmeister etwas übrig hat, so
wird er es dir auch mitgeben für dich und deine Mutter." Dann segnete
er den Knaben und entließ ihn froh und getröstet.
In der Hütte der Witfrau hatte nun die Not ein Ende. Bald
kam auch der warme und freundliche Frühling. Die Witwe entdeckte
wieder eine ergiebige Sandgrube, und ihr Benedikt trieb als gedungenes
Ziegenhirtlein die Ziegen des Dorfes auf die hohen, luftigen Berge. In
die Kost ging er bei den einzelnen Besitzern der Ziegen der Reihe nach.
Sein Osterlamm aß er im Kloster, seinen Pfingstkuchen buk ihm die
Wirtin, seinen Kirchweihschmaus hielt er in der neuen Mühle, und seinen
Namenstag feierte er wieder mit den Benediktinern. An Unterhaltung
fehlte es ihm auch auf den einsamen Höhen nicht. Da lag der damals
noch unbenützte Kalkschiefer so am Tage, daß es ihm leicht ward, Platten
davon herauszuheben und aus ihnen mit einem ganz kleinen Hammer,
den ihm noch sein verstorbener Vater gemacht hatte, regelmäßige Vierecke
zu fertigen.
Was man so unrichtiger- und sündlicherweise Zufall nennt, führte
den Knaben zu einer wichtigen Erfindung. Benedikt legte einmal eine
Schieserplatte, wie er sie aus dem Boden gebrochen hatte, auf seinen
Schoß, zeichnete mit einer Kohle von seinem Hirtenfeuer ein Viereck
darauf und sprach dann bei sich: „Mit fünfzig solcher viereckigen Tafeln,
wenn ich sie hätte, könnte ich meinen ganzen Hausflur belegen, wo jetzt
die Hühner scharren, wenn es draußen regnet." Und während er dies
dachte, klopfte er mit seinem Hämmerlein auf dem einen schnurgeraden
Kohlenstrich sanft aus und ab. Denn er freute sich über den hellen
Klang der Platte. Aber auf einmal wurden die hellen Töne dumpf und
immer dumpfer, wie bei einer zersprungenen Glocke, und zuletzt sprang
die Tafel gerade in der Richtung des Kohlenstriches mitten entzwei. Ist
es da so gegangen, dachte nun Benedikt, so kann es aus den übrigen
drei Seiten ebenso gehen, und hämmerte auch auf dem zweiten Kohlen-
striche eine Weile vorwärts und rückwärts. Sein Schluß war richtig.
Nachdem er noch einige Minuten so fortgemacht hatte, lag eine voll-
kommen viereckige Platte auf seinen Knieen. Eine zweite gelang nicht
minder, und so fort. Früher schon hatte er manchmal zwei Schiefer-
trümmer aneinander gerieben, um sie zu polieren, und gefunden, daß er
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eine Kelle, um ihn anzuwerfen und glatt zu streichen. Die nordameri-
kanischen Indianer nannten den Biber den „stummen Menschen" und
feierten ihn in ihren Götter- und Heldensagen. Allerdings gehört er
zu denjenigeu Tieren, die mit einem sehr hoch entwickelten Instinkte und
mit vorzüglichen Eigenschaften: Klugheit, Besonnenheit, Sparsamkeit,
Ordnungsliebe und Reinlichkeit, ausgestattet sind.
In früheren Zeiten kam der Biber fast an allen bewaldeten See-
und Flußufern Deutschlands vor. Heute findet er sich nur noch in
geringer Anzahl an der Elbe und der Saale, einzeln an der Salzach
und der Rhone. Auch in Nordamerika, wo er sonst in großen Gesell-
schaften massenhaft lebte, wird er immer seltener.
Die gesellig lebenden Biber führen auf stachen Stellen der Flüsse
oder Seen „Biberburgen" auf und errichten Dämme, um bei niedrigem
Wasserstande die Fluten aufzustauen. Als Baumaterial verwenden sie
armdicke Baumstämme, die sie mit Hilfe ihrer starken, gelben Schneide-
zähne zu Fall bringen. Durch einseitiges Abnagen bewirken sie, daß
die Stämme ins Wasser fallen. Zur Anlage von Dämmen, die einen
Fluß bis zu dreißig Meter Breite stauen, werden die kleinen Zweige
entfernt, die Stämme durch Flechtwerk verbunden und durch Sand,
Lehm und Schlamm gedichtet. Zum Bau der Burgen werden die Äste
und Zweige viel regelmäßiger entfernt, in bestimmter Ordnung zu-
sammengeschichtet und mit Erde, Schilf und Rasenstücken gefestigt und
gedichtet. Im Innern des Baues wird eine backofenartige Kammer
mit sußdicken Wänden und einem festen Dache gebaut, zu der eine
einzige, unter Wasser sich öffnende Eingangsröhre führt. Oft bauen
sie auch mehrere völlig abgeschlossene Kammern mit je einem Eingangs-
rohre nebeneinander; eine jede dient in der Regel vier Bibern nebst
ihren Jungen als Wohnung. Außer den Wohnräumen legen sie noch
Vorratskammern für den Winter an, in denen sie Wurzelwerk und
Rindenstücke aufspeichern. An manchen Stellen graben sie sich außer-
dem noch weite Erdhöhlen, in denen sie zeitweise Unterschlupf finden.
Einzeln lebende Biber — und einzeln kommen sie in Europa fast nur
vor — begnügen sich sogar mit solchen Wohnungen und führen keine
Burgen auf.
Andere Säugetiere, meistens Nager, bauen ihre Wohnungen auf
Bäumen. Das Eichhörnchen flicht aus Moos und Reisig ein Nest,
das im Innern ein weiches, sauber gepolstertes Lager enthält. Ähnliche
'Nester bauen der Gartenschläfer, der Siebenschläfer und die Haselmaus.
Das kunstvollste Nest eines Säugetieres aber ist das der Zwergmaus.
Es ist eine zierliche, aus feinen Pflanzenstoffen sehr künstlich geflochtene
Kugel, die im Innern ein durch Pflanzenwolle und Rispen ausgekleidetes
weiches Lager enthält. Es hängt freischwebend zwischen Getreide- oder
stärkeren Grashalmen, zwischen Rohr- oder Schilfstengeln.
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TM Hauptwörter (200): [T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T119: [Fluß See Kanal Strom Lauf Wasser Land Ufer Mündung Elbe], T195: [Pferd Tier Hund Schaf Löwe Wolf Rind Mensch Schwein Thiere], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Nordamerika Europa
352
die Jahreszahl der Entstehung dieser Geräte vom Künstler mit in das
harte Holz eingeschnitzt, und wir erkennen, daß sie nicht selten zwei-
oder dreihundert Jahre und noch darüber alt sind. Wie viele kleine
Löcher beweisen, hat ihr Holz den Bohrwürmern, den Larven eines
kleinen Käsers, des Trotzkopfes, nicht zu widerstehen vermocht, wohl aber
hat es dem Zahn der Zeit getrotzt und wird ihm auch noch lange Jahre
trotzen. Es ist der Eichbaum, von dem dies unvergänglich scheinende
Holz stammt.
Mehr als fünfhundert Jahre kann die Eiche alt werden; ist sie
doch erst mit zweihundert Jahren ausgewachsen. Man hat sogar zwei-
tausendjährige Stieleichen gesunden. In diesen großen Zeiträumen
erreicht die Wintereiche eine Höhe von dreißig bis vierzig Meter, die
Stieleiche eine Höhe von etwa zwanzig Meter. Höhe und Dicke der
Bäume nehmen aber nicht in gleichem Maße zu; denn der Stamm-
durchmesser der Stieleiche kann bis sieben Meter, derjenige der Winter-
eiche bis vier Meter betragen. Die berühmte Fairlops-Eiche in der
englischen Grafschaft Essex maß eine Elle vom Boden zehn Meter im
Durchmesser, und unter ihrem Schatten, dessen Umfang fast sechsund-
achtzig Meter im Durchmesser betrug, wurde lange Zeit hindurch am
2. Juli jedes Jahres ein Markt gehalten, auf welchem man keine Bude
jenseits dieses Bereiches zu errichten erlaubte.
Die Eiche wächst sehr langsam. Ein zwanzigjähriger Stamm ist
kaum vier Zentimeter dick. Der Holzring, der sich jedes Jahr bildet, ist
zwar nur dünn, doch von großer Festigkeit, die sich mit den Jahren
immer noch steigert. Infolge seiner großen Härte wurde das Holz,
besonders früher, viel zu Häuser-, Wasser- und Schiffsbauten benutzt.
Jetzt werden aus ihm ferner die Eisenbahnschwellen hergestellt, da es
dem Wasser und der Feuchtigkeit des Erdbodens großen Widerstand
entgegensetzt. Als Brennholz und zur Gewinnung von Holzkohlen wird
hauptsächlich das Holz verkrüppelter Bäume gebraucht. Die Lebenskraft
dieses Baumes ist fast unverwüstlich; denn selbst vom Blitz wiederholt
gespaltene Eichen grünen noch jahrein, jahraus.
Die anfangs glatte Rinde platzt beim Dickerwerden des Stammes,
fällt jedoch nicht ab, sondern bleibt auf der neuen Rindenschicht als
guter Schutz gegen Kälte und Feuchtigkeit sitzen. Durch den in ihr
abgelagerten, bitter schmeckenden Gerbstoff wird sie zum Gerben von
Tierfellen geeignet. Weitgehende Verwendung hat die Rinde der besonders
in Spanien heimischen Korkeiche gefunden, die alle acht bis zehn Jahre
abgeschält und zu Pfropfen, Korksohlen u. dgl. verarbeitet wird.
In dem dichten Holze steigen die im Frühjahr von den Wurzeln
aufgenommenen Säfte nur langsam empor, und so kommt es, daß die
Eiche noch kahl steht, während die übrigen Bäume schon in vollem
Blätterschmuck prangen. Im Mai durchbrechen auch die tief aus-
TM Hauptwörter (100): [T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden], T12: [Wasser Luft Erde Höhe Körper Fuß Dampf Bewegung Druck Gewicht], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T21: [Schnee Winter Wasser Sommer Berg Regen Luft Boden Land Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T28: [Blatt Blüte Pflanze Baum Wurzel Frucht Stengel Zweig Erde Samen], T32: [Wald Baum Boden Eiche Steppe Höhe Ebene Wüste Teil Tanne], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T113: [Wein Seide Baumwolle Handel Zucker Kaffee Wolle Tabak Reis Getreide]]
Höhen, oder der Blick fällt in dunkle, träumerische Schluchten. Granit-
blöcke liegen überall im Moose halbvergraben, und in den Zweigen
sprudeln die Vöglein über von Lebensfreude und Übermut.
230. In cten Rauenlcken Vergen. von Hnna piotbow.
Märkische Skizzen. 2. Ausl. Berlin o. J. 8. 157.
Of^ort dem hübschen Städtchen Fürstenwalde aus wandert man in
-V einer kleinen Stunde südwärts auf einer bergig ansteigenden Land-
straße nach Rauen.
Zwei Kohlengruben sind in diesen Bergen, der Rauener Fanny-
schacht und die Petersdorfer Gnadenreich-Grube. — Sie liefern ungefähr
900000 Hektoliter Braunkohle im Jahr. Zum Fannyschacht steigt man
40 Meter tief auf Leitern hinab; ich zog es deshalb vor, in die Peters-
dorfer Grube einzufahren, in die man durch einen ebenerdigen Eingangs-
schacht gelangt. Nachdem ich mir die Erlaubnis, die freundlichst gewährt
wurde, beim Obersteiger eingeholt hatte, mußte ich einen Bergmanns-
kittel anziehen, bekam eine Filzkappe auf und eine Grubenlampe in die
Hand und wurde mit einem herzhaften Glückauf in die finstere Grube
entlassen.
Der Führer schritt gemächlich voran, ich ein wenig bange hinter-
drein. Ich kannte die Salzbergwerke von Berchtesgaden und Hallein,
aber die Einfahrt in jene weiten, luftigen Höhlen mit den kristall-
glänzenden Wänden, mit den bequemen Treppen und amüsanten Rutsch-
bahnen ist nur ein lustiger Sport. Hier hatte ich die Erlaubnis erhalten,
eine Stätte harter Arbeit zu besuchen, und nicht ohne leise Schauer trat
ich ein in den finstern Bauch der Erde. Ein etwa zwei Meter breiter
Stollen nimmt uns auf. Wir müssen leicht gebückt gehen, wollen wir
nicht an die Deckenstützen stoßen. Der Boden ist naß und schlüpfrig,
hier und da tropft von oben Wasser herab. Wir gehen zwischen den
Schienen der schmalspurigen Bahn, die zur Hinausschaffung der Kohlen
dient, und deren Geleis fast die ganze Breite des Ganges einnimmt.
Hören wir einen Kohlenzug heranpoltern, so müssen wir eilen, eine
Schienenkreuzung zu erreichen, um Platz zum Ausweichen zu haben.
Ein Dutzend schwer beladener Wagen, von einem einzigen Pferde gezogen,
rattert an uns vorüber, dann wieder tiefe Stille.
Rückschauend hatten wir noch eine Weile das Tageslicht wie einen
fernen Stern leuchten sehen, nun ist bei einer Wegbiegung der letzte
Lichtschimmer verschwunden. Alles ringsum dunkel und stille. Unsere
Grubenlampen werfen nur einen kleinen Lichtkreis — immer das gleiche
Bild: der enge schwarze Schacht, die Holzstützen an Decke und Wänden,
oft von faustgroßen weißen Pilzwucherungen überzogen. Zuweilen tauchen
an einem Kreuzungspunkt Lichtpünktchen auf, mit einem kurzen „Glückauf"
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Extrahierte Personennamen: Hnna
Extrahierte Ortsnamen: Berlin Peters- Berchtesgaden Hallein
Mittelpunkt des Hauses, der Familie, um den man sich versammelt, um
nach des Tages schwerer Arbeit der behaglichen Ruhe und gemeinsamen
Unterhaltung zu pflegen. Von jeher ist man deshalb auch darauf bedacht
gewesen, ihn besonders schön auszustatten und zu schmücken. Wohl selten
ist ein kunstgewerblicher Gegenstand so ausgebildet, mit so viel Liebe
und Hingebung geziert und verschönt worden, als gerade der Kachelofen.
Seine allgemeine Verbreitung und alte Beliebtheit verdankt er seinen
praktischen Vorteilen gegenüber allen anderen Heizanlagen in unseren
Wohnstuben. Voraussetzung hierbei ist, daß ihn ein Ofensetzer aufbaute,
der in seinem Fache, den neuzeitlichen Anforderungen entsprechend, etwas
Vollkommenes zu leisten versteht.
Durch die verbreitete Wertschätzung des Kachelofens wurde die Ent-
wickelung und hohe Blüte der Kachelofen-Industrie veranlaßt, wie wir
sie an einigen Plätzen unserer Mark antreffen. Unter diesen nimmt das
Topferdorf Velten im Kreise Osthavelland die erste Stelle ein.
Dieses hat sich seit 60 Jahren aus einem kleinen märkischen Bauern-
dorfe mit 500 Einwohnern zu einem lebhaften Jndustrieorte mit 8000
Einwohnern nur durch seine Kachelofenfabrikation entwickelt. Dadurch
ist Velten, dessen Öfen jetzt schon weit über Deutschlands Grenzen hinaus
versandt werden, der größte Ort im alten Ländchen „Glien" geworden.
Die Herstellung der Veltener Fabrikate aus dem reichen Schatz der
Tonberge und das Überziehen der Waren mit einer dem Tone genau
angepaßten Schmelzglasur hat sich im Laufe der Zeit Hierselbst zur Kunst
herausgebildet.
Der allerwichtigste Teil für die Ofenfabrikation ist der gute Ton.
Zwar ist fast überall im deutschen Lande guter Ton leicht zu haben.
Selten jedoch ist derjenige, welcher sich zur Ofenfabrikation eignet, weil
er haarrißfreie Schmelzglasur trägt und im Brande durch Schwinden
und Verkrümmungen nicht sehr leidet. Diese Vorzüge hat der hiesige
Ton. Deshalb wurde derselbe nach allen Gegenden versandt. Die
Feilnersche und andere Ofenfabriken zu Berlin waren vor ca. 70 Jahren
seine ersten größeren Abnehmer.
Die Tonberge im Nordwesten des Ortes erstrecken sich auch auf die
Feldmarken der Nachbargemeinden Markwitz und Vehlefanz, in welchen
deshalb nach dem Veltener Vorbilde ebenfalls Ofenfabriken entstehen
konnten.
Der hiesige Ton, welcher meist gelbe oder blaue Farbe hat, muß
für die Ofenfabrikation gründlich geschlämnck werden. Hierbei mischt
man verschiedene Tonsorten nach einem bestimmten Verhältnis. Die
Tonschlämmen arbeiten mit Dampf- oder elektrischer Kraft.
Außer dem Töpfertou liefern die Berge wertvolle Ziegelerde, wes-
halb hier auch mehrere bedeutende Ziegeleien entstanden. Die hiesige
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Extrahierte Personennamen: Markwitz
Extrahierte Ortsnamen: Osthavelland Deutschlands Berlin